Album-Rezension: WIEN MUSIK 2013 (Diverse)
Manche Dinge ergänzen sich einfach perfekt. Vor wenigen Wochen ist mit dem formidablen und formschön gestalteten Kompendium „WIENPOP“ eine längst fällige Oral History über die Entwicklung der Wiener Musikszene(n) seit den 1950er Jahren erschienen (Rezension folgt, sobald ich durch bin). Doch während der reich bebilderte Prachtband die historische Komponente in vier Kapiteln abdeckt (vom Aufkommen des Rock ‘n‘ Roll in den 50ern und 60ern über die Kritische Liedermacherszene der 70er und die aufregende Wiener Punk- und New Wave-Szene bis hin zum Hip-Hop- und Elektronik-Boom der 90er), hat man das aktuelle Wiener Popmusikleben ausgespart. Bewusst, wie die Autoren schreiben, da es für eine objektive Beurteilung eben einen gewissen zeitlichen Abstand brauche.
Trotzdem handelt es sich hier um eine Lücke – die allerdings von den WIEN MUSIK-Samplern auf wunderbare Weise geschlossen wird. Der bereits vierte Teil dieser Serie mit aktueller Musik aus (und häufig auch über) Wien ist im Sommer erschienen, gerade rechtzeitig zum Wiener Popfest.
WIEN MUSIK 2013, kundig zusammengestellt vom Musiklabel monkey., zeigt mit der tollen Schauspielerin Birgit Minichmayr erstmals eine Frau auf dem Cover (Foto: Manfred Klimek). Die drei bisherigen Covermodels waren Franz Schuh, Dominic Heinzl (sic!) und David Schalko gewesen. Vor allem aber zeigt der Sampler (einmal mehr), dass in der österreichischen Hauptstadt derzeit, fernab größerer Hypes, ziemlich viel passiert. Das moderne Wienerlied (= Wiener Lied) klingt vielfältiger denn je, ganz wie es einer bunten, rasch wachsenden Metropole gebührt.
Ja, die stilistische Bandbreite ist gewaltig: vom kryptisch-düsteren Auftakt mit Julian & der Fux („Wie geht es?“) bis hin zu Filou mit ihrem schlicht und einfach „Wien“ betitelten Songhybriden (etwas eckiger Sprechgesang in der Strophe, hymnischer Rock im Chorus: „Wien, oh, Wien – ich oder du, du oder ich?“); von Atomique, P.Tha & Con mit ihrem Mix aus dubsteppiger Haudraufelektronik und brachialem Highspeed-Rap („Spring! Spring, bis Beton zerspringt!“) bis hin zur Sängerin und Schauspielerin Monica Reyes, die mit ihrer nervig-charmanten Aufforderung zum „Schmusen“ die Nummer eins der FM4-Charts erreichte.