Archiv für den Monat: Oktober 2015

Westernhemd meets Hawaiihemd

Konzertbericht: Los Straitjackets feat. Deke Dickerson, Melkweg Amsterdam, 15 Februar 2015:

Und wieder muss die Frage erlaubt sein: Spüren sich die Typen von HitTheBassline überhaupt nicht mehr? Zuerst warten sie bis Herbst 2015, um uns ihre angeranzten Jahrescharts 2014 (sic!) unterzujubeln. Und jetzt kommen sie mit einem topaktuellen Konzertbericht aus dem fucking FEBRUAR daher? Geht’s noch, oder was??

Ja, es geht noch. Denn das Leben, das Universum und der ganze Rest drehen sich bekanntlich im Kreis – und so werden scheinbar längst überholte Ereignisse und Konzerte plötzlich wieder ganz aktuell. So wie im Fall unseres formidablen Gastschreibers Buccan Faber, den nach mehr als einem halben Jahr auf einmal wieder die Surfrock-Welle erfasst und von Wörgl geistig zurück nach Amsterdam gespült hat. Doch lassen wir ihn selbst erzählen …

Westernhemd meets Hawaiihemd – Los Straitjackets feat. Deke Dickerson, live in Amsterdam:

von Buccan Faber

Der Surfrock-Konzertbesuch mit Mischn brachte mich auf die Idee, doch auch selbst einen vergangenen Abend im Zeichen des Surfrocks wiederzugeben:

„Do i get the tickets inside for tomorrow?“ fragte ich den Türsteher in perfektem Englisch. Zu welchem Konzert ich denn wolle, denn die Powermetaller von Sabaton, die auch am morgigen Abend hier ihren Gig abhielten, wären schon ausverkauft. Ich schaute zu meiner fein gewandeten Begleitung hinüber, an mir selbst herab und dann mit großen Augen den Türsteher an. Lachend meinte er, die Tickets für Los Straitjackets bekäme ich gleich hinter ihm an der Kasse.

Als Vorband surften The Phantom Four orientalisch über die Bühne, als lokale Akustik-Surfrock-Größen dem Publikum wohlbekannt. Insbesondere der Gitarrist gefiel sich in der Position eines schlangenbeschwörenden Torero, der in bester Laune die Bühne großräumig betanzte. Stakkatoartige Einlagen, gefolgt von hypnotischen Rhythmen, waren der ideale Unterbau für einen ordentlichen Ritt auf der Sundowner-Welle.

Nach dem Sonnenuntergang ging’s zur Sache: Die Ankunft von Deke Dickerson & Los Straitjackets wurde lautstark gefeiert. Drei schwarz gekleidete Herren mit mexikanischen Wrestling-Masken betraten die Bühne und bedienten sich erfolgreich in ihrem Repertoire aus bereits zwanzig Alben.

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Ebenso routiniert gesellte sich nach ein paar Liedern Deke Dickerson mit ausladendem Cowboyhut und Whiskeyflasche hinzu, um die Songs verbal zu begleiten.

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Fast bin ich geneigt, zu bemerken, es hätte des Gesangs gar nicht bedurft, da der Country-Einschlag des Sängers den Surf-Geist der Veranstaltung verwässerte. Letztendlich muss ich aber doch anmerken, dass die reine Anwesenheit des Rockabilly-Evergreens die Straitjackets weiter anspornte. Angedeutete Choreographien und ordentliches In-die-Saiten-Gehaue waren zur Freude der Besucher die Folge.

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Die Fans belohnten den Einsatz auf ihre ganz persönliche Art und Weise. Mexikanischstämmige Anhänger im Publikum taten es den Musikern gleich und zogen ihrerseits Wrestlingmasken über. Als zwei Damen aus dem Publikum die Bühne stürmten und, an den Bühnenrändern wild tanzend, der Veranstaltung einen würdigen Rahmen verliehen, begann das Publikum endgültig zu verschmelzen. Cowboystiefel. Petticoats. Koteletten. Hawaii-Hemden. Psychobilly-Tollen …. Spätestens zu „Bird is the Word“ wurde alles eins.

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Und als wäre dies nicht genug, kamen an der Garderobe auch noch die Besucher des ebenfalls gerade zu Ende gegangenen Sabaton-Konzerts hinzu. Welch ein Potpourri von Musikliebhabern unterschiedlichster Genres!

Danach in der Straßenbahn. Das Mädchen vor mir hatte den schönsten Abend ihres Lebens: Sie hatte eine Sabaton-Jacke, die ins Publikum geworfen wurde, fangen können. Ich war froh, dass gerade sie die Jacke zugeworfen bekam. Es war Februar – und sie sah aus wie auf dem Weg ins Freibad. Erfrierungen blieben dank der spendablen Gabe von Sabaton aus. Und alles war gut.

Wucht. Wildheit. Wahnsinn.

Konzertberichte: VALIENT THORR, PMK Innsbruck, 6. Oktober 2015; DAVE & THE PUSSIES, KulturZone Wörgl, 9. Oktober 2015

Ein gutes Rockkonzert (und leider gibt es sehr viele sehr schlechte Rockkonzerte) lebt von seiner Wucht, seiner Unmittelbarkeit, von der rauen Energie, der man sich einfach nicht entziehen kann. Die zurückliegende Woche bot dafür gleich zwei grandiose Beispiele.

Am Dienstag hielt der nackte Wahnsinn in Gestalt von Valient Thorr Einzug in der PMK Innsbruck. Dort war die wüste Formation aus North Carolina schon mehrfach zu sehen, unter anderem auch bei einem der beliebten PMK-Straßenfeste (ein Auftritt, von dem man sich Sagenhaftes erzählt). Ich selbst hatte die Band hingegen einmal in Kufstein erlebt, 2007 im Vorprogramm der Stoner-Rock-Veteranen Fu Manchu, die von Valient Thorr damals jedoch spielend an die Wand gespielt wurden.

Jenes Bild, das ich mit diesem Abend am stärksten verbinde, ist das eines zotteligen, vollbärtigen, schweißtriefenden Sängers mit entblößtem Oberkörper, der auf einmal am Boden vor der Bühne hockt, mitten im Publikum, das er ebenfalls zum Sitzen verdonnert. Von einem hippiesken Lagerfeuer-mit-Klampfe-Ambiente war die Band dabei allerdings meilenweit entfernt. Denn bei Valient Thorr geht es um die Urprinzipien des Rock ’n‘ Roll, die da heißen: Lautstärke und Geschwindigkeit, Schweiß und Dreck. Genau so, also erwartet großartig, war das auch beim PMK-Konzert.

Eröffnet wurde der Abend allerdings noch recht konventionell: Child aus dem australischen Melbourne servierten kompetent gespielten, psychedelischen, tief in Blues getränkten Hardrock, der allerdings etwas statisch und, wie der kritische Blogkollege Dave meinte, auch ein wenig zu basslastig daherkam. Apropos Bass: Der Bassist von Child trug bassenderweise und passenderweise ein T-Shirt mit dem Aufdruck „Sabbath Worship“, aus dem jedoch, wenn der Gitarrengurt verrutschte, immer wieder ein deutlich weniger passendes „Abba Worship“ wurde … Also genau die Art von Skurrilität, die mir im Gedächtnis bleibt 😉

Weiter ging’s, deutlich flotter und schon vor etwas mehr Zuschauern, mit einem zweiten jungen Hardrock-Trio, Black-Bone aus Eindhoven. Frontmann Steef überzeugte mit klassischen Powerriffs, manischem Angus-Young-Blick und dem Mut, sein schütteres Haar lang zu tragen. Übrigens nicht als letzter Frontmann an diesem Tag …

Der „real deal“ waren dann aber Valient Thorr, bei denen von „Rampensauen“ über „Bühnentiere“ bis hin zu „Naturgewalt“ kein animalisch-ökologischer Begriff zu hoch gegriffen ist. Schon nach dem ersten Song hatte Frontmann Valient Himself (ja genau, so nennt sich der, die anderen Bandmitglieder tragen die schönen Einheitsnamen Eidan Thorr, Storm Thorr, Sadat Thorr und Lucian Thorr) sein T-Shirt als unnötigen Luxus erkannt und stellte für das restliche Konzert seine schweißglänzende Rocker-Wampe in die Auslage.

Überhaupt, was für ein Frontmann! Die Energie tropft diesem wilden, haarigen Derwisch buchstäblich aus allen Poren, wenn er wie ein Geisteskranker über die Bühne fegt, sich auf ihr wälzt und ringelt und dazu kehligen Gesang und manische Zwischenmoderationen ausspuckt (zum Beispiel über außerirdische Bazillen auf Froschbeinen oder so ähnlich). Rock ’n‘ Roll, wie ihn Valient Thorr verstehen (und sie verstehen ihn richtig) ist so etwas wie ein archaisches Ritual: brutal laut, bizarr schnell, wild und ekstatisch.

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Jahrescharts 2014 (HIT THE BASSLINE)

Und somit ergeben sich die kombinierten „HIT-the-Bassline“-Top-20 des Jahres 2014:
(außer es wollen noch einige Co-Autoren alles durcheinanderwirbeln 🙂 )

1 Wanda – Bologna
2 Panda Bear – Boys Latin
3 Bilderbuch – Spliff
4 Panda Bear – Mr Noah
5 Faith No More – Motherfucker
6 Ariel Pink – Picture Me Gone
7 Wanda – Easy Baby
8 The New Pornographers – Brill Bruisers
9 TV On The Radio – Happy Idiot
10 Future Islands – Seasons (Waiting On You)
11 Perfume Genius – Queen
12 Alt-J – Every Other Freckle
13 Wanda – Schickt mir die Post
14 The War On Drugs – Under The Pressure
15 Future Islands – A Dream of you and me
16 Gulp – Seasoned Sun
Jungle – Busy earnin‘
18 The War on Drugs – An Ocean in between the Waves
19 Spain – From the Dust
Thundercat – O Sheit, it’s x!

Jahrescharts 2014 (Stefan Pletzer)

Dann will ich mich mal nicht lumpen lassen und präsentiere meine Jahrescharts von 2014, die zwar schon längere Zeit fertig sind, ich euch aber vorenthalten wollte. Die von Michael angesprochenen Primavera-Berichte plane ich übrigens schon vorzeitig abzugeben, ich will also nicht die gesamte Zeit bis zur genannten Deadline ausschöpfen. Ziel ist der 31. November (alternativ der 30. Februar).

JAHRESCHARTS 2014:

1 FUTURE ISLANDS „A Dream of you and me“

2 JUNGLE „Busy earnin'“

3 THE WAR ON DRUGS „An Ocean in between the Waves“

4 PERFUME GENIUS „Queen“

5 THUNDERCAT „Oh sheit, it’s x!“

6 RAKEDE „Jetzt gehst du weg“

7 TODD TERJE „Swing Star (Parts 1 & 2)“

8 PANDA BEAR „Boys Latin“

9 JUNGLE „Platoon“

10 WANDA „Bologna“

11 PANDA BEAR „Mr. Noah“
12 CHARLOTTE GAINSBOURG „Hey Joe“ (SebastiAn Remix)
13 DEATH FROM ABOVE 1979 „Trainwreck 1979“
14 ELBOW „The Take off and Landing of everything“
15 FUTURE ISLANDS „Spirit“
16 BILDERBUCH „Spliff“
17 NOEL GALLAGHER’S HIGH FLYING BIRDS „In the Heat of the Moment“
18 BRIAN ENO & KARL HYDE „Return“
19 THE WAR ON DRUGS „Red Eyes“
20 TOMORROW’S WORLD „Drive“
21 FUTURE ISLANDS „Seasons (Waiting on you)“
22 SWANS „Oxygen“
23 APHEX TWIN „Minipops 67 (Source Field Mix)“
24 EELS „Peach Blossom“
25 DEATH FROM ABOVE 1979 „Virgins“
26 TWIN PEAKS „Making Breakfast“
27 KELIS „Rumble“
28 VON SEITEN DER GEMEINDE „105 Jahre voll“
29 FAITH NO MORE „Motherfucker“
30 ELBOW „This blue World“
31 LONDON GRAMMAR „If you wait“
32 THE MEN „Pearly Gates“
33 THE ANTLERS „Palace“
34 DANIEL AVERY „Drone Logic“
35 TODD TERJE „Preben goes to Acapulco“
36 ALT-J „Every other Freckle“
37 ODESZA feat. ZYRA „Say my Name“
38 HUNDRED WATERS „Cavity“
39 KLAXONS „Liquid Light“
40 MILKY CHANCE „Flashed Junk Mind“
41 THE NEW PORNOGRAPHERS „Brill Bruisers“
42 PANAMA WEDDING „All of the People“
43 LONDON GRAMMAR „Hey now“
44 TAYLOR SWIFT „Style“
45 TV ON THE RADIO „Happy Idiot“
46 DIE STERNE „Innenstadt Illusionen“
47 LIARS „Pro Anti Anti“
48 COPELAND feat. ACTRESS „Advice to young Girls“
49 FUTURE ISLANDS „Light House“
50 LITTLE DRAGON „Klipp Klapp“
51 STEAMING SATELLITES „Notice“
52 RUN THE JEWELS feat. ZACK DE LA ROCHA „Close your Eyes (and count to fuck)“
53 AZEALIA BANKS „Chasing Time“
54 LONDON GRAMMAR „Flickers“
55 THE WAR ON DRUGS „Under the Pressure“
56 ARIEL PINK „Picture me gone“
57 KLAXONS „The Dreamers“
58 WANDA „Easy Baby“
59 LA ROUX „The Feeling“
60 THE BLACK KEYS „Turn blue“
61 COLDPLAY „Magic“
62 DAMON ALBARN „Lonely press play“
63 THE ANTLERS „Parade“
64 MOONLIGHT BREAKFAST „Shout“
65 CARIBOU „Our Love“
66 BIRDY „Words as a Weapon“
67 CARIBOU „Can’t do without you“
68 SATELLITE STORIES „Lights go low“
69 KLAXONS „There is no other Time“
70 DUST COVERED CARPET „Grey Formations“
71 JAMIE XX „All under one Roof raving“
72 MERCHANDISE „Enemy“
73 ELBOW „Honey Sun“
74 THE BLACK KEYS „It’s up to you now“
75 MR. TWIN SISTER „In the House of yes“
76 WANDA „Schickt mir die Post“
77 ST. VINCENT „Digital Witness“
78 MARTERIA „Kids (2 Finger an den Kopf)“
79 SHIT ROBOT feat. NANCY WHANG „Do that Dance“
80 TWIN PEAKS „I found a new Way“
81 ATMOSPHERE „Camera Thief“
82 NENEH CHERRY feat. ROBYN „Out of the Black“
83 THE KNIFE „Ready to lose (Shaken-up Version)“
84 THE NOTWIST „Kong“
85 THE ANTLERS „Surrender“
86 WE HAVE BAND „Someone“
87 FKA TWIGS „Lights on“
88 EX HEX „Don’t wanna lose“
89 KWABS „Walk“
90 THE 2 BEARS „Not this Time“
91 THE ASTEROIDS GALAXY TOUR „My Club“
92 JACK WHITE „High Ball Stepper“
93 LONDON GRAMMER „Wasting my young Years“
94 GLASS ANIMALS „Gooey“
95 CHET FAKER „Talk is cheap“
96 ELBOW „Charge“
97 STARS „From the Night“
98 LYKKE LI „Gunshot“
99 JAMIE XX „Girl“
100 SOHN „Bloodflows