HIT THE BASSLINE PRÄSENTIERT: TRACK DER WOCHE, # 6:
FUTURE OF THE LEFT – IN A FORMER LIFE (2016)
Was ist die richtige musikalische Therapie für Post-Trump-Wahldepression und Prähoferitis? Wie hat Musik in einer Zeit zu klingen, in der AfD, Le Pen, Putin oder Erdogan die Schlagzeilen – und leider nicht nur diese – beherrschen?
Nun, sie sollte hart und schnell sein, aggressiv und zornig, räudig und krass. Oder, um es kürzer zu sagen: Sie sollte klingen wie Future of the Left.
Die wütenden Waliser – Nachfolgeband der nicht minder schlecht gelaunten Mclusky – zählen seit Jahren zu meinen absoluten Favoriten im weiten (Schlacht-)Feld zwischen Hardcore, Noise Rock und kantigem LoFi. Das hier ist die beste Musik, um Kristallvasen zu Bruch zu schlagen, das Smartphone gegen die Wand zu schleudern und mal so richtig zu randalieren (zumindest gedanklich).
Front-Psychotiker Andy „Falco“ Falkous („Sänger“ ist für den Herrn ein unzureichender Begriff) kann nicht nur schimpfen wie ein walisischer Rohrspatz, nicht nur ätzen wie Schwefelsäure, nein, er schüttelt so nebenbei auch die besten Songtitel der Welt auf dem Ärmel.
Bei Mclusky hießen die Songs beispielsweise „The Difference Between You and Me Is That I’m Not on Fire“, „Lightsabre Cocksucking Blues“, „To Hell With Good Intentions“ oder „Alan Is a Cowboy Killer“ – und waren meistens genau so gut wie ihre Titel.
Future of the Left legten mehr als würdig nach – mit Rabiatperlen wie „Throwing Bricks at Trains“, „The Hope That House Built“ (sic!), „You Need Satan More Than He Needs You“, „Sheena Is A T-Shirt Salesman“ oder „The Real Meaning of Christmas“.
„The Peace & Truce of Future of the Left“ heißt nun der jüngste, einmal mehr hochgradig sarkastisch betitelte Albumstreich. Auch die Tracks tragen natürlich wieder schöne, T-Shirt taugliche Namen, darunter „The Limits of Battleships“ oder der Zungenbrecher „If AT&T Drank Tea What Would BP Do“.
Dazu spuckt Falco wieder Gift und Galle, wie man es wohl nur auf den Straßen und in den Spelunken von Cardiff lernt – man lausche nur brachialen Krachern wie „Back When I Was Brilliant“ (mit tonnenschweren When-The-Levee-Breaks-Gedächtnisdrums und einem zwingenden Chorus im Finale) oder dem brutal-abgehackten „Reference Point Zero“.
Besonders bizarr geht es aber in „In A Former Life“ zur Sache, das allem Anschein nach von einem Typen handelt, der wechselweise als Pekinese von Prinz Paul, als Gigolo von Queen Anne, als dauerschwangerer Mann oder als Benzintank von Ron Pearlman wiedergeboren wird … „In a former life / everyone was a performer“, heißt es im Refrain. Und damit sind wir auf einmal wieder direkt bei Donald Trump. Oder doch nicht?
Denn wovon der Song tatsächlich handelt, bleibt offen. Hier geht Aristoteles ins Kino, Marie Curie kauft probiotisches Joghurt – und die Fruchtwechselwirtschaft scheint endgültig gescheitert. Mit einem Wort: Hä??
Worum es inhaltlich nun wirklich geht, ist aber ohnehin zweitrangig. Die pure Wucht, der sprühende Sarkasmus, die befreiende Energie des Punk und die Kompromisslosigkeit des Noise Rock sprechen für sich, fressen sich durch die Gitterstäbe und machen den Weg frei für neue Gedanken. Katharsis!
Mit anderen Worten: Diese Musik springt einen an wie ein tollwütiger Hund – von dem man nur allzu gerne gebissen werden möchte. Und wenn ihr es immer noch nicht glaubt, dann probiert mal das hier (natürlich in voller Lautstärke). Ihr werdet euch danach besser fühlen, versprochen!