Wahnsinn ist es definitiv. Ob es dennoch Methode hat und ob sich Shakespeare beim Schreiben von Hamlet solch ein Spätzündertum wie das unsere ausmalen konnte, sei dahingestellt. Zu dieser Extraportion Langsamkeit und Prokrastination passt Faulheit wie die Faust aufs Auge, deshalb übernehme ich direkt die Kernaussage vom Vorjahr: Während seriöse Musikjournalisten allerorten schon an ihren Halbjahresbestenlisten 2017 feilen (wir schreiben seit zwei Tagen schließlich schon Juni!), kommt der Spätzünder-Blog HIT The Bassline JETZT mit den Top-100 für 2016 ums Eck …
An legitime Ausreden glaubt hier schon lange keiner mehr, stattdessen also lieber ein paar Worte zur Musikauswahl, die das längst vergangene Jahr so hergab. Ein Musikjahr, dessen Geschichten und Geschehnisse gefühlt so stark von Verlust geprägt waren wie kaum ein Jahr zuvor. Kaum ein Monat ohne Schläge in die Magengrube in Form von Todesfällen namhafter bis legendärer Akteure des globalen Musikgeschehens, und nicht bloß bei Bowie und Cohen passierte es nur kurze Zeit nach Erscheinen neuen Materials des Künstlers. Ein Umstand, der viele Neuerscheinungen – und auch solche, die sonst vielleicht nicht ganz so viel Beachtung gefunden hätten – in ein völlig eigenes Licht tauchte. Und damit auch ein Umstand, den man unmöglich ausblenden kann, wenn man sich der ohnehin irgendwo seltsamen Aufgabe annimmt, Musik in eine Rangliste zu stopfen.
Für mich persönlich war es ein Jahr voller Gegensätze. Während der Entdeckergeist nicht nachließ und wie jedes Jahr ein paar Schritte mehr in Richtung abstrakter, experimenteller Musik gewagt wurden, habe ich gleichzeitig auch mehr gefälligere, poppigere Sachen gehört als sonst. Ersteres ist in den Charts hier nicht wirklich ersichtlich, da diese Musikrichtungen meist eher nicht auf Songbasis funktionieren, letzteres hat hier aber definitiv Spuren hinterlassen.
In dem Sinne war es für mich auch sehr interessant, zum ersten Mal eine Topliste aus Songs zu erstellen. Ich klaube schon jahrelang meine Favoriten des vergangenen Jahres zusammen, aber eigentlich immer als Albumcharts. Die Herangehensweise beim Zusammenstellen der Lieblingssongs war überraschend anders. Man wird sich erst bewusst, welche Alben echte „Album-Alben“ sind, deren Songs sich erst im Kontext entfalten und für sich alleine nicht viel Aussagekraft besitzen. Deshalb ist von einigen meiner Lieblingsalben kein Stück in der Liste vertreten. Umgekehrt finden sich dort aber auch Lieder aus Alben wieder, die es niemals in meine eigentlichen Bestenlisten schaffen würden.
(Halb-)langer Rede kurzer Sinn: Mein Versuch einer Top 100 der Songs aus 2016.
- clipping. – Wriggle
- Goat – Goatfuzz
- Crystal Castles – Kept
- Oranssi Pazuzu – Havuluu
- Pleasure Model – Pill Towers
- DJ Shadow – Nobody Speak (ft. Run the Jewels)
- Goat – Union of Mind and Soul
- Danny Brown – Ain’t It Funny
- The Avalanches – Because I’m Me
- Aesop Rock – Blood Sandwich
- Xiu Xiu – Falling
- David Bowie – Lazarus
- King Gizzard and the Lizard Wizard – Robot Stop
- The Avalanches – Franky Sinatra
- Mare Cognitum – Constellation Hipparchia
- Pleasure Model – Mounnrocc
- The Avalanches – If I Was a Folkstar
- Oathbreaker – 10:56 / Second Son of R.
- Goat – I Sing in Silence
- Hesitation Wounds – Guthrie
- Acronym – Rays
- Aesop Rock – Rings
- Fyrnask – Kenoma
- Goat – Trouble in the Streets
- Danny Brown – Dance in the Water
- SubRosa – Troubled Cells
- Deathspell Omega – Internecine Iatrogenesis
- Aesop Rock – Kirby
- The Field – Monte Veritá
- The Avalanches – Sunshine
- Julianna Barwick – Same
- Atomikylä – Risteily
- Acronym – Wrapped
- Danny Brown – Golddust
- David Bowie – Sue (Or in a Season of Crime)
- Animal Collective – FloriDada
- Danny Brown – When It Rain
- DIIV – Under the Sun
- The Field – Reflecting Lights
- King Gizzard and the Lizard Wizard – People-Vultures
- Teleman – Düsseldorf
- Deakin – Good House
- Hexvessel – Cosmic Truth
- Goat – Goatband
- The Great Cold – Aurai
- Pleasure Model – Calmstone on Sea
- Cult of Fire – Death
- Preoccupations – Degraded
- Pleasure Model – Eat Itself
- Mantar – Schwanenstein
- King Gizzard and the Lizard Wizard – Mr Beat
- Lucy – Vibrations of a Circular Membrane
- Hexvessel – Mushroom Spirit Doors
- Prezident – Was glaubt die Welt denn, wer sie ist?
- Martyrdöd – List
- Swans – The Glowing Man
- Preoccupations – Fever
- Prezident – Der ewige Ikea
- Nine Eleven – Sentinels
- Demdike Stare – Sourcer
- Oranssi Pazuzu – Lahja
- A Tribe Called Quest – Dis Generation (ft. Busta Rhymes)
- Yung Hurn & RIN – Bianco
- Prezident – Halb so wild
- Furia – Grzej
- [’selvə] – alma
- Ulver – Cromagnosis
- nthng – Soms
- Trap Them – Hellionaires
- Run the Jewels – Talk to Me
- SHXCXCHCXSH – SsSsSsSsSsSs
- Massive Attack – Dead Editors (feat. Roots Manuva)
- Whores. – Playing Poor
- Paul Simon – Cool Papa Bell
- Touché Amoré – Palm Dreams
- Prezident – Hand fest aufs Lenkrad | Partys in Garagen
- Throwers – Nevermore
- Trap Them – Revival Spines
- A Tribe Called Quest – The Space Program
- Urfaust – Meditatum II
- White Lung – Sister
- All diese Gewalt – Wie es geht
- SHDW & Obscure Shape – Aus der Tiefe der Zeit
- Xiu Xiu – Blue Frank / Pink Room
- Ultha – Mirrors in a Black Room
- Steve Hauschildt – Ketracel
- Biosphere – Sweet Dreams Form a Shade
- Mantar – Praise the Plague
- Drangsal – Allan Align
- Nick Cave & The Bad Seeds – Distant Sky
- David Bowie – Blackstar
- nthng – Untitled (Human Pt. II)
- Ka – Mourn at Night
- Zeal and Ardor – Devil Is Fine
- Cult of Fire – Tantric Sex
- Xiu Xiu – Into the Night
- Furia – Za ćmą, w dym
- Run the Jewels – Panther Like a Panther (Miracle Mix) (ft. Trina)
- Whores. – I See You Are Also Wearing a Black T-Shirt
- Retrogott & Hulk Hodn – Geldsucht
Und hier noch eine Spotify-Version der Liste, auch wenn dort gute 10% der Stücke leider nicht vertreten sind:
https://open.spotify.com/user/%21nterloper/playlist/1PJSErcAMIBWuubvgFEt2y
Dass Spotify Crystal Castles‘ „Amnesty (!)“ nur ohne „Kept“ im Gepäck hat ist schade, da es der einzige Track des Albums ist, der mir wirklich über Monate nicht mehr aus dem Ohr entfliehen wollte. Und natürlich kann ich auch für alle anderen einzelnen Nummern, die es nur auf meine Liste und nicht auf Spotify geschafft haben, eine Empfehlung aussprechen.
Die Charts der Kollegen folgen in Kürze. Oder so ähnlich.