Die spinnen, die Finnen!

Konzertbericht: Death Hawks, Sahara Surfers & Tracker, Kulturfabrik Kufstein, 17. Mai 2014

„Psychedelisch (zusammengesetzt aus altgriech. ψυχη psychḗ – ‚Seele‘ und δῆλος dẽlos – ‚offenkundig, offenbar‘) bezeichnet einen durch den Konsum bestimmter Drogen (sogenannter Psychedelika), aber auch mittels geistiger und ritueller Praktiken (etwa Trancetanz oder Meditation) erreichbaren veränderten Bewusstseinszustand. Dieser zeichnet sich unter anderem durch eine Aufhebung der Grenzen zwischen dem Ich und der Außenwelt aus, wodurch es zu spirituellen Erlebnissen und Erfahrungen von Alleinheit kommen kann. In diesem Zusammenhang spricht man oft auch von einer Bewusstseinserweiterung.“

Soweit Wikipedia. Eine wichtige Quelle psychedelischer Erfahrung lässt das allwissende Lexikon hier aber eher unter den Tisch fallen: Musik. Dabei gehört das „hypnotische“, „halluzinogene“ Element – also die Möglichkeit, sich komplett in Klangwelten fallen zu lassen und alles Andere auszublenden – aus meiner Sicht zu den wichtigsten Eigenschaften von Musik (egal ob es sich nun um eine Mozart-Sinfonie, LSD-vernebelten Psychedelic Rock oder repetitive Elektronik handelt).

Ein schönes Beispiel für die hypnotisierende Wirkung von Musik konnte man sich kürzlich in der KuFa Kufstein genehmigen. Der verdienstvolle Verein Kulturfabrik hatte gleich drei Bands eingeladen, die für Rockmusik der ausufernd-psychedelischen Art stehen.

 

Den Anfang machte das Tiroler Trio Tracker mit experimentellem, lärmigem Desert Rock, teilweise angenehm psychotisch angehaucht und schön unsauber und kantig gespielt.

tracker

Danach musizierten die Sahara Surfers aus Innsbruck, möglicherweise Tirols bekannteste Stoner-Rock-Band. Wobei ich eher an klassischen 90er-Jahre-Alternative-Rock denken musste, vor allem wegen des Gesangs von Frontfrau Julia Überbacher.

sahara surfers eins

Unterhaltsam zu beobachten: Bassist Hans-Peter Ganner (der in jüngerer Vergangenheit die Gesangsparts des Öfteren selbst übernommen haben dürfte) sang bei den meisten Liedern aus vollem Hals mit. Mangels Gesangsmikro war davon freilich wenig bis gar nichts zu hören …

sahara surfers zwei

Dass es für die halluzinogene Wirkung von Musik nicht unbedingt ohrenbetäubende Lautstärke braucht, bewiesen hernach die Death Hawks aus Finnland: Im Vergleich zu den Vorgruppen fuhren sie den Pegel eher zurück – und trotzdem kamen sie schwerstens psychedelisch daher.

Und ganz schön retro: Outfit- und soundtechnisch wirkten sie wie direkt aus den tiefsten 70er Jahren entsprungen (damals gab es in ihrer Heimatstadt Tampere übrigens eine rege Musikszene, die unter dem Label „Manserock“ bekannt wurde): Sänger und Gitarrist Teemu Markkula (Gesang, Gitarre) ginge mit wirren Locken, engen Hosen und glänzenden Lederstiefeln locker als authentischer 70s-Glamrocker durch, Keyboarder Tenho Mattila (der auch mit kräftigen Saxophonstößen glänzte) bewies mit Schnauzbart und Lederfransen an der Weste jede Menge Mut zum schlechten Geschmack.

death hawks eins

death hawks zwei

Überhaupt war es ein stimmiges Gesamtpaket: Die hypnotisierenden, bedröhnten Bluesrock/Spacerock-Jams wurden von entsprechend halluzinogenen Visuals begleitet. Und was am schönsten war: Die Band selbst schien gaaanz tief im psychedelischen Soundnebel versunken, auf launige Zwischenansagen und unnötige Anbiederung mit dem Publikum wurde vollständig verzichtet. Dafür gab es genau die richtige Musik, um sich so richtig wegzubeamen – was das quantitativ überschaubare, qualitativ aber umso vorbildlichere Publikum in der Kulturfabrik auch ausgiebig tat.

Am Ende, nach mehreren lautstark eingeforderten Zugaben, war sich alle einig: Die spinnen, die Finnen – und das ist auch gut so!

 

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