Hopaaa – oder: Warum passt kein Planwagen in den Weekender?

Konzertbericht, Django 3000, 22.11.2013, Weekender Innsbruck

Am Freitag, den 22. November des Kalenderjahres 2013 beschließt die Autorin, sich a Packtl Gaudi aufzureißen, wie´s so schön heißt.

Begleitet von einem befreundeten Pärchen, das zu diesem Zeitpunkt noch nicht weiß, auf was es sich einlässt, betritt man zur Einlasszeit den altbewährten Weekender Club in der Tschamlerstraße 3.

Der Eintrittspreis ist mit Hauptact und Vorband auf 12 Euro bemessen und, wie man gegen Ende dieser Veranstaltung einsehen wird, sehr fair und Preis-Leistungsmäßig fast schon unterkalkuliert.

Django 3000, die sich seit September 2013 mit ihrem zweiten Album“ Hopaaa“ auf Tour durch Deutschland, Österreich und der Schweiz befinden, gastieren für einen Abend in Innsbruck.

Und haben sich sogar um einen Opening Act gekümmert.

Die Vorband Famp wird für immer leben, das war mir schon nach einigen wenigen gehörten Takten klar. Aus Wien kommend, zeigen die vier noch sehr jungen Musiker ihre musikalischen Wuchtbrummer mit einer Nonchalance, die keinen Platz für Schüchternheit lässt. Starke Parolen und eingängige Akkorde runden einen grandiosen Auftakt ab. Der Style der Band lehnt sich am Hippen-Lässigen an, so als wären die sehr frühen Flanellhemd-Kings of Leon gegen die österreichische Indie-Band Ginga gerannt.

 Entgegen jeder Vermutung füllt sich der im Untergrund gelegene Konzertraum des Weekender an diesem Abend nicht vollends. Zu seinem Besten, würde ich an dieser Stelle sagen, denn Platz zum Tanzen soll immer im Übermaß vorhanden sein.

Dies erweist sich als fürwahr, als die vier Urgesteine des tanzbaren bayrischen Gypsy-Pop mit einer bemerkenswert Marlon Brando´schen Coolness die Bühne entern und das Schiff zum Wanken bringen. Sie sind sofort sympathisch, so wie jemand einem sympatisch ist, den man irgendwo in der Menge erblickt und sich freut, nur weil er irgendwie so aussieht wie jemand, den man kennt. Zugleich frage ich mich aber, ob eine so gewaltige Testosteronansage wie ein voller Bart und sichtbare Tätowierungen zum Aufnahmekriterium in der Band dazugehören. Wird aber beim Anblick des Kontrabassisten wieder nebensächlich.

 Innerhalb weniger Sekunden erscheint der Raum vor der Bühne wie eine Galeere voller williger Passagiere, die den Taktgebern folgend, ihre rhytmischen Bewegungen ohne kritische Hinterfragungen ausführen.

Das gewohnt feier- und tanzwütige Innsbrucker Publikum dreht und wendet sich, dass die Derwische nur neidisch schaun und der Boden des Konzertraumes wieder um einige Zentimeter tiefer in den Boden getreten wird. Der Schweiß sammelt sich am Plafon und gerinnt zu einem kautschukartigen Gebräu, das nun auf die Meute herabtropfend, zu ihren Urhebern zurückgeführt wird. Ein Prozess, dem keine Bindung obliegt. Django 3000 wollen keine Verpflichtungen, sie wollen die Freiheit. Und ein Compañero kann nur in der Freiheit überleben.

Ein Gefühl, das auch der Stehgeiger Florian Starflinger vermittelt. So wie er seinem Streichinstrument frivole Jauchzer entlockt, so kitzelt er im Publikum die animalischen Urinstinkte wach, die sich langsam aus den Gedärmen nach oben arbeiten, um sich dann mit einem gewaltigen „Hopaaa“ in die Atmosphäre zu entladen.

 Hier wäre auch noch die angebliche etymologische Bedeutung des Namen Django zu erläutern, der von den Roma und Sinti geprägt wurde und so viel wie „Ich erwache“  bedeutet. Wobei der Name in jüngster Zeit, und darum wird er den meisten Lesern gängig sein, durch ein Meisterwerk eines US-amerikanischen  Regisseurs popkulturell aufgeladen wurde.

Überhaupt erweisen sich Django 3000 als eine, was den Spaß-und Unterhaltungsetat an diesem Abend betrifft, sehr demokratische Kapelle. Zwar steht der Frontmann und Gitarrist Kamil Müller ganz klassisch im Zentrum, er erweist sich aber deswegen nicht zwingend als oberster Entertainer.

Geiger Starflinger bewegt sich entgegen jeder Coolness gebietenden Statigkeit wie ein Tiger im Gehege und versteht es, das Publikum für sich zu gewinnen.

Der Kontrabassist Michael Fenzl scheißt ganz ungeniert auf die Größe und Wuchtigkeit seines Instruments und die damit an und für sich einhergehende eingeschränkte Beweglichkeit und haut um, wie man´s hierzulande so sagt, als wärs nur die kleinste Geige der Welt. Und immer mit einem Grinsen, als hätte ein Lausbua eine Steinschleuder gefunden.

 Der bandinterne Trommler Jan-Philipp Wiesmann komplettiert das Quartett und steht seinen Mitmusikern an Fetzigkeit um nichts nach. Meine Begleiter tanzen sich neben mir die Hacken blutig und sind, so wie die Menschen, mit denen wir diesen Abend teilen, euphorisch und sehr positiv.

Was anderes wäre ja auch fast nicht denkbar, schießt doch die Lebensfreude von der Bühne wie Gulasch aus den Kanonen. Ohrwürmern wie“ Django Django“ und „Wuide Weite Welt“ folgen Coverversionen, wie das von Shantel adoptierte „Disko Partizani“ und die wohl bekannteste Nummer,“ Heidi“, zu der die weiblichen Zigeunerinnen aus dem Publikum zum Tanzen auf die Bühne geholt werden.

Django 3000 schaffen es, die vermeintliche Lücke zwischen den ebenfalls aus Bayern stammenden Ska-Bläsern La Brass Banda und der in einer österreichischen Late Night Show wohnenden Russendiskocombo Russkaja zu überbrücken und kommunizieren, was meiner Meinung nach allen jenen Bands aus den Lenden glüht: die Liebe zur Herumtreiberei, zum Herumpoltern und zur Musik.

Und dass Bärte nur dann wachsen, wenn man sich eingehend mit dem Leben beschäftigt hat.

http://www.famp.at/band.html
http://www.django3000.com/index.htm

Ein Gedanke zu „Hopaaa – oder: Warum passt kein Planwagen in den Weekender?

  1. Michael Domanig

    Klingt nach einem spaßigen Abend! Auf Platte würd ich mir den bayerischen Gypsy-Sound wohl eher nicht anhören, aber dass das live gut einfährt, hab ich schon von diversen Seiten gehört.

    Überhaupt boomt die bayerische Dialektszene weiterhin – größtenteils zum Glück ganz ohne engstirnig-nationalistischen Einschlag. Mit „Django S“ (bayerischer Ska-Punk) gibt’s sogar noch eine weitere „Django“-Band in der Szene. Außerdem wären da natürlich LaBrassBanda, Kofelgschroa, Bavaro Beat … Das nette Luegstock-Festival im nahen Oberaudorf hat sich auf genau diese neuen alten Klänge spezialisiert. Und spannende Vorläufer von der mittlerweile aufgelösten Biermösl Blosn bis hin zum legendären Kraudn Sepp gibt es auch genug!

    Find ich gut, dass es inzwischen möglich ist, sich auf regionale Besonderheiten zu besinnen und gleichzeitig die bornierten „Kulturschützer“ und Heimattümler mit ihren eigenen Waffen zu schlagen!

    Wunderschön und halluzinogen: Kofelgschroa live:
    http://www.youtube.com/watch?v=6WkAkrFiBcc

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