Vom Laster überfahren

Konzertbericht: Truckfighters, PMK, Innsbruck, 15. Oktober 2013

Das digitale Zeitalter treibt bisweilen seltsame Blüten. So auch im Falle der Truckfighters: 2011 erschien eine ironisch gefärbte „Fuzzomentary“ (also Doku) über die schwedische Stoner-Rock-Formation, in der die Truckfighters von Genre-Giganten wie Josh Homme, Nick Oliveri oder einigen Kyuss-Typen in den (Wüsten-)Himmel gelobt werden.

Der Ansatz der Doku ist aberwitzig und absurd: Josh Homme beispielsweise erinnert sich an seine Volksschulzeit, als ihm sein Vater von einer Band namens „Truckfighters“ erzählt habe – obwohl die Schweden natürlich deutlich jünger sind als der Kyuss- und QOTSA-Großmeister. An anderer Stelle lobt er die Truckfighters – in einem legendär gewordenen Zitat – als „the best band that’s ever existed“. Dieser Witz funktioniert eigentlich nur, weil die Truckfighters im Vergleich mit  Queens Of The Stone Age & Co. nur eine relativ kleine, höchstens in eingeschworenen Stoner-/Retro-Rock-Kreisen bekannte Band sind, weil also, überspitzt formuliert, keine Sau die Truckfighters kennt. Köstlich, wie einer der Interviewten ausweichend sagt: „I see their name around, so I know they’re doing … what they’re supposed to be doing“.

Doch diese Zeiten sind vorbei. Inzwischen sind die Truckfighters nämlich – dem Netz und ihrem Ruf als exzellente Liveband sei Dank – tatsächlich so etwas wie (mittlere) Stars geworden. Wo sie auch hinfahren, spielen sie vor ausverkauften Häusern – und auch im proppenvollen PMK wurden sie von enthusiasmierten, erstaunlich textsicheren (!) Fans euphorisch empfangen.

Überhaupt zeigte sich das bekanntermaßen eher schwierige Tiroler Publikum an diesem Abend von seiner besten Seite: Wer in Tirol regelmäßig auf Konzerte geht (und zwar nicht gerade zu Hansi Hinterseer, den Jungen Zillertalern oder Frei.Wild), der weiß, wie tranig, verkrampft und/oder desinteressiert das heimische Livepublikum bisweilen sein kann. Bloggenosse Martin hat deswegen vor Kurzem gar ein Konzert im Innsbrucker Weekender Club vorzeitig verlassen.

Ganz anders an diesem Abend, als Publikum UND Band von der ersten Sekunde dazu bereit waren, sich total zu verausgaben. Gitarrist Dango machte sich von Beginn an obenrum frei – eine weise Entscheidung angesichts der schweißtreibenden Clubshow, die da folgen sollte. Und das Publikum antwortete absolut adäquat, mit wildem Herumgepoge, Stagediving und Sprechchören. Mit anderen Worten: Die Konstellation passte einfach.

Doch was ist es, was die Konzerte der Truckfighters so mitreißend macht? Sie haben das Wüstenrock-Rad nicht neu erfunden, im weiten Feld zwischen den Desert Sessions, Fu Manchu und Sungrazer sind sie – mein Konzertkollege und Stoner-Rock-Experte Fab wird mir da wohl nicht widersprechen – sicher nicht die Originellsten und Innovativsten. Aber sie spielen ihren ausufernden, psychedelisch-schweren, gleichermaßen dröhnenden wie bedröhnten Hardrock eben mit unglaublicher Leidenschaft, mit einer – bei allen bestens einstudierten Posen – geradezu manischen Intensität. In your face, wie man so sagt.

Im Vorprogramm wusste die Innsbrucker Formation „Fircone“ zu überzeugen, vor allem bei den instrumentalen Parts mit ihren hypnotischen Soli und schweren Black-Sabbath-Gedächtnisgrooves. Dass der Typ, dem ich am Tresen zum gelungenen Auftritt gratulierte, gar nicht der Sänger von Fircone war, lassen wir an dieser Stelle besser unerwähnt. Ebenso sollten wir den Mantel des Schweigens über die wenig rühmliche Tatsache breiten, dass ich mir am fetten Merchandise-Stand der Truckfighters einen Button widerrechtlich angeeignet habe. Denn die Band wird den Verlust dieses Euros sicher verschmerzen – sie surft gerade auf einer Welle der Euphorie.

Übrigens: Schöne Fotos vom Konzert gibt’s auf der Facebook-Seite des PMK (oder: der PMK, wie es korrekterweise heißen müsste), wo Stoner-Rock-Aficionados in den letzten Wochen und Monaten ohnehin bestens bedient wurden (Orange Goblin, Stoned Jesus etc.).

 

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert