VON STEFAN PLETZER
Meine Blog-Kollegen werden erleichtert sein. Traditionell bilden meine Jahrescharts den Abschluss des Musikjahres 2016, aber immerhin landete ich beinahe noch im gleichen Monat wie Johannes Schneider und Michael Domanig. Fast könnte man von einer Synchronität der Verspätung sprechen. Fast.
Persönliche Jahrescharts kompiliere ich seit dem Jahr – wait for it – 1993. Damals mit grüner Tinte in Collegeblöcke mit grünem Umschlag, welche in diesem Augenblick in einem Jochberger Dachboden von Katzenkacke übersät werden. Oder anders gesagt: Selbst wenn ich die gelben „Vamonos Pest“-Anzüge anziehen und mich die morsche Treppe raufwagen würde, bin ich nicht sicher, ob ich sie wiederfinden würde. Meine Rettung war das mp3-Zeitalter, denn so richtig verlegt habe ich eine Musikdatei noch nie.
Seit dem Jahr 1999 wurden meine persönlichen Lieblingslieder jedes Jahr auf Festplatte archiviert. Und genau das, meine lieben Blog-Kollegen und Mitleser, ist das wirklich Lohnenswerte an der Jahrescharts-Arbeit. Ich kann mich heute in meine Lieblingslieder von vor 18 Jahren reinhören und in meine damalige Lebensrealität -versetzen. Ein ins Teenageralter zurückreichendes Tagebuch meiner Lieblingsmusik.
1999 schritt ich synchron mit den Lounge-Beats der Thievery Corporation mit Discman durch die Straßen Salzburgs, ein Kopfhörer hing aus meinem Ohr, der andere aus dem Ohr einer zumindest namensgleichen Person aus einem Titel der heurigen Jahrescharts. 2006 kamen wildfremde Menschen in Kufstein nach einem DJ-Set zu mir und wollten wissen, welches verrückte Lied ich in einem Mashup zu Stardusts „The Music sounds better with you“ gespielt hatte („Waters of Nazareth“ von Justice). 2007 veröffentlichten LCD Soundsystem mit „All my Friends“ das Lied des Jahrzehnts und gehören genauso zu den derzeit unumstritten besten Bands der Welt wie die Interpreten anderer Jahresbesten-Lieder wie Yeasayer, Grizzly Bear, Arcade Fire oder Hot Chip.
Heute bin ich beeindruckt, dass es zwei weitere Menschen gibt, die sich der unlösbaren Aufgabe stellen, Platz 63 von Platz 64 zu unterscheiden. Im Zweifelsfall gilt: Wenn man bei einem Song lauter dreht, reiht man ihn vor. Und eine Winamp-Playlist kennt keine Ex-Aequo-Ränge.
Beim Studieren der beiden anderen Listen scheint mir, dass ich dann wohl doch der Pop-Beauftragte dieses illustren Schreibzirkels bin. Lost my edge – long ago. Rihanna, Beyoncé, Kanye West, Miike Snow (sie schrieben „Toxic“ für Britney Spears) und OneRepublic fassen andere nicht mal mit der Greifzange an. Übernehme ich doch gerne. Den Jackpot geknackt haben aber 2016 eindeutig die – mittlerweile aufgelösten – Chairlift mit „Ch-Ching“. Hellooo-oh!
1 Chairlift „Ch-Ching“
2 Davie Bowie „Lazarus“
3 Christine and the Queens „iT“
4 Prince Rama „Bahia“
5 Beaty Heart „Death Metal“
6 Bob Moses „Tearing me up“ (A-Trak Remix)
7 Miike Snow „Genghis Khan“
8 Young Thug & Travis Scott feat. Quavo „Pick up the Phone“
9 James Blake „Modern Soul“
10 The Avalanches feat. Father John Misty & David Berman „Saturday Night inside out“
11 Santigold „Banshee“
12 Rihanna feat. Drake „Work“
13 Deakin „Just am“
14 ANOHNI „Drone bomb me“
15 Mark Ronson feat. Kevin Parker „Daffodils“
16 Voodoo Jürgens „Heite grob ma Tote aus“
17 A Tribe called Quest „Enough“
18 Underworld „I exhale“
19 ANOHNI „Crisis“
20 The Stone Roses „Beautiful Thing“
21 Death in Vegas feat. Sasha Grey „Consequences of Love“
22 Junior Boys „C’mon Baby“
23 Jain „Makeba“
24 Cassius feat. Mike D & Cat Power „Action“
25 Justice „Alakazam!“
26 Kanye West „Fade“
27 Warpaint „New Song“
28 Zack de la Rocha feat. El-P „Digging for Windows“
29 Aphex Twin „CHEETAHT2 (Ld Spectrum)“
30 Metronomy „Old Skool“
31 Cassius „Hey you!“
32 Michael Kiwanuka „Cold little Heart“
33 Blood Orange „Best of you“
34 Regina Spektor „Small Bill$“
35 Yeasayer „I am Chemistry“
36 Glass Animals „Life itself“
37 OneRepublic „Kids“
38 Tiga „No Fantasy required“
39 Prince Rama „Your Life in the End“
40 Baio „Sister of Pearl“
41 Bon Iver „10 (Death Breast)“
42 Banks & Steelz feat. Florence Welch „Wild Season“
43 Voodoo Jürgens „Gitti“
44 DJ Shadow feat. Run the Jewels „Nobody speak“
45 M83 „Do it, try it“
46 Radiohead „Burn the Witch“
47 Beth Orton „Moon“
48 Michael Kiwanuka „Rule the World“
49 Childish Gambino „Me and your Mama“
50 Radiohead „The Numbers“
51 Voodoo Jürgens „Tulln“
52 Gordi „So here we are“
53 Miike Snow „The Heart of me“
54 Roosevelt „Fever“
55 ANOHNI „Marrow“
56 Todd Terje & The Olsens „Disco Circus“ (Öyvind Morken Remix)
57 Wild Beasts „Ponytail“
58 Beaty Heart „Flora“
59 Beyoncé feat. Jack White „Don’t hurt yourself“
60 Nick Cave & the bad Seeds „Jesus alone“
61 Massive Attack feat. Tricky „Take it there“
62 Preoccupations „Anxiety“
63 M83 „Go!“
64 Hamilton Leithauser + Rostam „A 1000 Times“
65 Christine and the Queens „Tilted“
66 Todd Terje & The Olsens „Baby do you wanna bump“ (Daniel Maloso Remix)
67 Gaussian Curve „The longest Road“
68 Twin Peaks „Walk to the One you love“
69 Kishi Bashi „Can’t let go Juno“
70 David Bowie „Killing a little Time“
71 Chairlift „Moth to the Flame“
72 Beth Orton „Petals“
73 Glass Animals „Pork Soda“
74 Radiohead „Identikit“
75 Prince Rama „Believe in something fun“
76 Regina Spektor „Bleeding Heart“
77 David Bowie „I can’t give everything away“
78 Goat „Union of Mind and Soul“
79 Two Door Cinema Club „Bad Decisions“
80 Prince Rama „Would you die to be adored“
81 Wild Beasts „Big Cat“
82 Tiga „Blondes have more Fun“
83 Beyoncé „Hold up“
84 Beck „Wow“
85 Gaussian Curve „Impossible Island“
86 Bat for Lashes „Joe’s Dream“
87 A Tribe called Quest „We the People“
88 Tegan & Sara „Boyfriend“
89 De la Soul feat. Roc Marciano „Property of Spitkicker.com“
90 Daughter „Doing the right Thing“
91 Solange „Cranes in the Sky“
92 Animal Collective „Lying in the Grass“
93 The Burning Hell „The Stranger“
94 Holy Fuck „Neon Dad“
95 Holy Esque „Silences“
96 Fuga Ronto „L’uomo invisibile“
97 Bicep „Just“
98 Nicolas Jaar „Three Sides of Nazareth“
99 Polica „Lose you“
100 DIIV „Under the Sun“