HIT THE BASSLINE PRÄSENTIERT: TRACK DER WOCHE, # 2:
V/A – TRAIN KEPT A-ROLLIN‘ (1951-1965)
Eines meiner bevorzugten Bandformate ist das Power Trio, meist bestehend aus Schlagzeuger, Bassist und Gitarrist, wobei einer noch den Sänger-Part übernimmt. Man muss immer ein wenig kompensieren, alles ist ein weniger rauer und rudimentärer. Der zum Sänger auserkorene Musikant muss unfreiwillig zwischen genauerem Gesang und fetzigerer Instrumentenbedienung abwägen, während des Gitarrensolos steht der Rhythmusgruppe kein zweiter Gitarrist oder Keyboarder zur Seite, jeder muss ein wenig mehr herausholen als eigentlich vorgesehen.
Ein paar klassische Vertreter wären da Cream, Rory Gallagher, die Jimi Hendrix Experience, auch Motörhead startete – und endete dann auch – als Power Trio. Alles sollte man sich mal zu Gemüte führen, doch ganz besonders möchte ich The Pirates empfehlen, den Rest der Band Johnny Kidd & The Pirates, welcher sich einige Jahre nach dem Tod des Frontmanns reformierte und eben als Trio weiterspielte. Im Gegensatz zu den anderen wurden sie nicht so bekannt und lebten eher auf der Pub-Bühne, wo sie mit ihrer erstaunlichen (!) Live-Performance für Furore sorgten.
Im Repertoire der Band befanden sich einstige Johnny-Kidd-Hits wie „Shakin‘ All Over“ oder „Please Don’t Touch“, einige Eigenkompositionen und ein Haufen Material aus den guten alten 50ern. Chef Mick Green war ein fanatischer Fan von Rockabilly-Pionier Johnny Burnette, und daher durften „Lonesome Train“ und „Honey Hush“ auch nicht im Programm fehlen.
Prototypisch war die Entwicklung der Pirates: Man orientiert sich an ein paar eigenen Favorites, spielt nach, baut um, irgendwann gibt’s eine Handvoll eigener Songs, und dann steht man noch ein paar Jahrzehnte als Inspirationsquelle für heranwachsende Generationen von Musikanten bereit. Die Inspiration für Mick Green und seine Pirates war eben Johnny Burnette, und die Pirates dienten mit ihrem drahtigen Sound wiederum als Vorlage für Wilko Johnson, welcher später mit Dr. Feelgood und Ian Dury & The Blockheads die britische Musikszene unsicher machte.
„Train Kept A-Rollin'“ ist der bekannteste Song von Johnny Burnette, und war nicht nur eine Ideenquelle für die Pirates, sondern auch für viele andere. Hier ein paar herausragende Stationen im Werdegang des Tracks „Train Kept A-Rollin'“. (The Pirates fehlen hier leider, da nur wenig Live-Material von ihnen frei verfügbar ist):
TINY BRADSHAW (1951)
Tiny Bradshaw schrieb den Song und nahm ihn als erster mit seiner Jump-Blues-Kapelle auf. Der Jump Blues war eine Vorstufe des Rock’n’Roll, aus großen Orchestern wurden kleinere Formationen, meist nur mit einem kleinen Bläsersatz, dafür immer mit lautem Gesang und fetzigen Saxophonsolos. Ab und zu wurde auch schon die Gitarre als Soloinstrument verwendet. Bradshaws Version lebt vom hüpfenden Rhythmus, Call-And-Response-Gesang und dem obligatorischen Sax-Solo.
JOHNNY BURNETTE & THE ROCK’N’ROLL TRIO (1956)
https://www.youtube.com/watch?v=ufzRV3xspYA
Die wohl wichtigste Version von „Train Kept A-Rollin'“, welche oft fälschlicherweise als Original bezeichnet wird, stammt von Johnny Burnette. Mit seinem hektischen, fieberhaften Gesang kämpft Burnette gegen das prägnante Gitarrenriff an, welches erstmals mit angezerrtem Sound daherkommt – und angetrieben wird durch einen holpernden Backbeat von Stehbass und Schlagzeug.
THE YARDBIRDS (1965)
Dem Nährboden der Yardbirds sind einige Große entsprungen: Eric Clapton, Jeff Beck sowie Jimmy Page und John Paul Jones – die letzteren beiden wurden später zuerst als New Yardbirds und dann als Kern von Led Zeppelin bekannt – waren alle zuerst bei den Yardbirds tätig. Und ihre Version unseres Tracks der Woche wird oft als möglicher Geburtstermin des Heavy Metal gehandelt. Wem der gefällt, der sollte sich auch noch die Variante auf Aerosmiths zweitem Album zu Gemüte führen.
SCREAMING LORD SUTCH (1965?)
Zu guter Letzt die Version, die ich persönlich knapp hinter der Burnette-Version, vielleicht je nach Stimmung sogar auch mal an die erste Position, reihen würde. Screaming Lord Sutch, der Schrecken von London, vergriff sich auch an „Train Kept A-Rollin'“. Und siehe da: Jetzt kommen die Bläser wieder, wenn auch alles etwas trashiger als beim Original. Dem Garagen-Punk-Helden King Khan dürfte der Song wohl auch mal zu Gehör gekommen sein …