Archiv für den Monat: Juli 2016

Tucson und Tirol, Wüstensand und Psychedelia

Konzertbericht: Xixa und Tracker, PMK Innsbruck, 29. Juli 2016:

ACHTUNG, DIESER BEITRAG ENTHÄLT GROSSARTIGE KONZERTFOTOGRAFIE VON PATRICK NORDPOL UND MOE MOESSINGER. TAUSEND DANK DAFÜR!

Es war ein lauer Sommerabend. Und ein LAUTER Sommerabend (vor allem für unbelehrbare Ohrenschutzverweigerer wie mich). Der musikalische Desert Trip, zu dem die Reiseveranstalter vom Kulturverein lovegoat am Freitag in den Wüstenschuppen (wüsten Schuppen) PMK luden, war aber vor allem eines: schwer psychedelisch.

Dafür sorgte bereits zum Auftakt das formidable Trio TRACKER aus Tirol. „Experimenteller, psychotischer Desert Rock, schön unsauber und kantig gespielt“, schrieb ich im Mai 2014 in einem Beitrag für das mittlerweile längst verblichene Popkultur-Fachmagazin „Wörgler & Kufsteiner Rundschau“, nachdem ich „Tracker“ bei einem schrägen Konzertabend mit den „Sahara Surfers“ (ebenfalls aus Tirol) und den verpeilten „Death Hawks“ aus Finnland in der Kulturfabrik Kufstein erlebt hatte.

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Und dieses Urteil trifft es nach wie vor gar nicht so schlecht. Wobei mir diesmal eher Begriffe wie Experimentalrock, Noise Rock oder eben Psych(edelic) Rock durch den Kopf geschwirrt sind, nicht unbedingt das doch eher beengende Label Desert Rock.

Immer wieder musste ich auch an die experimentierfreudigeren Spielarten des Alternative Rock der 90er (und späten 80er Jahre) denken: Bei „Tracker“ gibt es zum Beispiel groß angelegte Refrains, die allerdings unter metertiefen Lärmschlieren begraben werden, wie man das von „My Bloody Valentine“ und anderen Shoegazern kennt. Oder auch von LoFi-Pionieren wie „Sebadoh“. Bei den kantigen, leiernden, synthetischen Gitarrensounds wiederum schauen „Sonic Youth“ um die Ecke. Und auch gelegentliche elektronische Störgeräusche tragen dazu bei, dass das Gesamtergebnis bei „Tracker“ nie zu sauber und gediegen klingt.

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Kurz gesagt: Ein Sound, wie man ihn heutzutage nicht mehr allzu oft hört – erst recht nicht aus lokalem Anbau. Und auch wenn nicht jedes Experiment aufgehen mag, nicht jede Abzweigung zum Ziel führt – spannend und herausfordernd zu hören ist es immer. Schön, dass es raue, harte Klänge aus Tirol gibt, die weder stumpf noch schwerfällig klingen. Mein vorgezogener Wunsch ans Rock-Christkind lautet daher: Bitte bring uns in den nächsten Jahren mehr frisch und wagemutig klingende Tiroler Bands wie „Tracker“ – und lass dafür ein paar nicht ganz so interessante Thrash- und Death-Metal-Formationen zu Hause. Danke!

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Meine Einschätzung, dass „Tracker“ als Support für die Hauptband vielleicht nicht ganz passend gewählt waren – zu brachial, zu rau, die falsche Art von „Wüstenrock“ – erwies sich in der Folge als weitgehend unbegründet. Denn XIXA aus Tucson, Arizona, die schön spät (erst gegen 23.30 Uhr) die Bühne übernahmen, erwiesen sich insgesamt als deutlich härter, dunkler und lauter als erwartet. Mit anderen Worten: Im Soundcocktail, den die Band selbst als „Psych Cumbia Rock“ bezeichnet, war der Psychedelic-Rock-Anteil um einige Zentiliter größer als die Zutaten aus der lateinamerikanischen Tanzmusik.

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Die Großen 15 von 2015

Und das sind sie also: die offiziellen HIT the Bassline Jahrescharts 2015, kombiniert aus den Wertungen von Michael Domanig und Stefan Pletzer.

1 Courtney Barnett „Pedestrian at best“ (174 Punkte)
2 Wanda „Meine beiden Schwestern“ (169)
3 Tame Impala „Let it happen“ (161)
4 Action Bronson „Easy Rider“ (150)
5 Kurt Vile „Pretty pimpin'“ (144)
6 Faith no more „Matador“ (140)
7 ANOHNI „4 Degrees“ (133)
8 Django Django „First Light“ (132)
9 Panda Bear „Tropic of Cancer“ (123)
10 Courtney Barnett „Nobody really cares if you don’t go to the Party“ (120)
11 Ezra Furman „Restless Year“ (119)
12 Best Coast „Heaven sent“ (117)
13 Hot Chip „Huarache Lights“ (100)
14 Grimes „Kill v. Maim“ (99)
15 Django Django „Vibrations“ (98)

Noch spätere Jahrescharts

Aber hey, fertig waren sie früher. Nur nicht veröffentlicht. In aller Kürze:

1 Hot Chip „Huarache Lights“

Wunderte mich, dass ich „Huarache Lights“ nicht öfter in 2015er-Jahrescharts entdeckte. In meinen Augen haben Alexis Taylor, Joe Goddard & Co. mehr als zehn Jahre lang auf genau diesen quintessentiellen Hot Chip-Song hingearbeitet. Ein Best of aus „Motion Sickness“ (#57 meiner Jahrescharts 2012), „Boy from School“ (#86 2006), „How do you do“ (#77 2012) und vor allem „Ready for the Floor“ (2008), das ich völlig unerklärlicherweise in meinen Jahrescharts 2008 missachtete. Produktion in Perfektion und wie so oft bei Hot Chip wird der Song mit jeder Sekunde noch voluminöser und besser. Ich habe zwar keine Ahnung, was Huarache Lights sein sollen, aber Why Make Sense?

2 Grimes „Kill V. Maim“

Bringen wir das gleich hinter uns: Grimes kann nicht singen. Zumindest nicht rumhüpfen und live singen gleichzeitig. Zumindest nicht richtig. Aber macht nichts! „Art Angels“ ist das beste Album des Jahres 2015, da gibt es keine Diskussion. Das hier soll wohl aus der Perspektive von Al Pacino in Der Pate 2 geschrieben sein, „außer dass er ein Vampir ist, zwischen den Geschlechtern wechselt und durch das All fliegt“, sagt Grimes. Wie Sie wünschen, Frau Boucher.

3 Tame Impala „Let it happen“

Es scheiden sich die Geister betreffend der 7:46-Länge von „Let it happen“. Manche sagen, es braucht jede Sekunde davon. Ich sage, drei Minuten kürzer wäre es meine Nummer eins. Man braucht sich übrigens nicht bemühen, die Lyrics zu verstehen, da steht nämlich selbst bei genius.com nur „(Gibberish)“. Auch nett: Der Soulwax-Remix (Platz 42).

4 Noel Gallagher’s High Flying Birds „Ballad of the mighty I“

Oasis zu sprengen war sicherlich eine der besseren und längst fälligen Entscheidungen Noel Gallaghers. Ich hoffe, es dauert noch möglichst lang bis zur unabwendbaren Reunion, denn Noels zweites Solo-Album „Chasing yesterday“ war noch ein Hauseck besser als das Debüt. Auf dem bizarren Twitter-Feed von Bruder Liam – er passt eigentlich besser zu den „Shameless“-Gallaghers – mag er nur noch als Kartoffel auftauchen, aber wen kümmert das. Einer der größten Songwriter der letzten 25 Jahre hat seine Stellung zementiert.

5 HEALTH „Life“

HEALTH goes Pop. Das fand nicht jeder so cool, ich hingegen schmelze dahin.

6 Courtney Barnett „Pedestrian at best“

„Give me all your money, and I’ll make some origami, honey.“ Hahahahaha.

7 Eau Rouge „Golden Nights“

Ja, das ist eben das Pech, wenn man eine deutsche Band ist und kein Pitchfork hat, das einen zu Fame pusht. Vielleicht dann beim zweiten Album!

8 CL „Hello Bitches“

Das ist also die koreanische M.I.A.. Was auch immer „Eongdeongi ppangppangppang / Namjadeureun Time Time Time / Nae ipsul nyamnyamnyam / Eodilgadeun dangdangdang“ heißen soll, es klingt tight! 😉

9 Action Bronson „Easy Rider“

„‚Easy Rider‘ is one of the best things I’ve ever created in my life. It’s a beautiful song.“ #isso

10 Tocotronic „Ich öffne mich“

Jetzt gibt’s diese Band seit gefühlt 200 Jahren, in meine Jahrescharts hatte es aber bisher als einziger Song „Sag alles ab“ aus dem Jahr 2007 geschafft (#23). „Jackpot“ hätte es wohl im Jahr 1999 geschafft, aber ich fand die Video-Version nirgends. Wird ihnen auch egal sein. „Ich öffne mich“ ist also jetzt offiziell mein Lieblings-Tocotronic-Song. Ich kann mich erinnern, Blumfelds „Testament der Angst“ musste man fast heimlich hören, um kein „Was hörst denn DU da?!?“ von ungebetenen Türöffnern zu riskieren. Man konnte ihnen nicht widersprechen. Zu „Ich öffne mich“ kann man getrost bedingungslos stehen.

11 Major Lazer feat. DJ Snake & Mö „Lean on“
12 Bilderbuch „Willkommen im Dschungel“
13 Algiers „Irony.Utility.Pretext“
14 Wanda „Stehengelassene Weinflaschen“
15 Raury „God’s Whisper“
16 Noel Gallagher’s High Flying Birds „The right Stuff“
17 Leftfield feat. Channy Leaneagh „Bilocation“
18 Wanda „Das wär schön“
19 Cymbals eat Guitars „Chambers“
20 Noel Gallagher’s High Flying Birds „Riverman“
21 Miike Snow „Heart is full“
22 Hot Chip „Started right“
23 Everything everything „Distant Past“
24 Jon Hopkins „I remember“
25 Tame Impala „The less I know the better“
26 Wolf Alice „Moaning Lisa Smile“
27 Viet Cong „Death“
28 Grimes „Realiti“
29 Wanda „Meine beiden Schwestern“
30 Jamie xx „Gosh“
31 Miguel „The Valley“
32 HEALTH „Flesh World (UK)“
33 Missy Elliott feat. Pharrell Williams „WTF (Where they from)“
34 !!! „Freedom ’15“
35 Julia Holter „Sea calls me home“
36 Carnival Youth „Octopus“
37 HEALTH „Stonefist“
38 Grimes feat. Janelle Monae „Venus Fly“
39 Justin Bieber „Sorry“
40 Hot Chip „Huarache Lights“ (Soulwax Remix)
41 Wanda „Bussi Baby“
42 Tame Impala „Let it happen“ Soulwax Remix)
43 Odesza feat. Monsoonsiren „Memories that you call“
44 Roisin Murphy „Evil Eyes“
45 Faith no more „Matador“
46 Wanda „Jelinek“
47 Waxahatchee „Breathless“
48 Panda Bear „Butcher Baker Candlestick Maker“
49 Hayden James „Something about us“
50 Tame Impala „Past Life“
51 Panda Bear „Tropic of Cancer“
52 Leftfield feat. Sleaford Mods „Head and Shoulders“
53 Kurt Vile „Pretty pimpin'“
54 Grimes „Artangels“
55 Jamie xx feat. Romy „Loud Places“
56 My Morning Jacket „Believe (Nobody knows)“
57 The new Pornographers „You tell me where“
58 ANOHNI „4 Degrees“
59 Daughter „Numbers“
60 !!! „Gonna Guetta Stomp“
61 The Chemical Brothers feat. Beck „Wide open“
62 Grimes „Easily“
63 My Morning Jacket „Tropics (Erase Traces)“
64 Best Coast „Heaven sent“
65 Ibeyi „River“
66 M.I.A. „Borders“
67 My Morning Jacket „Spring (Among the Living)“
68 Future Islands „The Chase“
69 Django Django „First Light“
70 Sleater Kinney „Surface Envy“
71 Carly Rae Jepsen „Run away with me“
72 Unknown Mortal Orchestra „Can’t keep checking my Phone“
73 Beirut „No no no“
74 Ezra Furman „Restless Year“
75 Grimes „Flesh without Blood“
76 Waxahatchee „La Loose“
77 Blur „Lonesome Street“
78 Young Fathers „Feasting“
79 St. Germain „Real Blues“
80 Courtney Barnett „Nobody really cares if you don’t go the Party“
81 Dan Croll „From nowhere“
82 Beirut „Gibraltar“
83 !!! „Til the Money runs out“
84 Modest Mouse „Lampshades on Fire“
85 Faith no more „Rise of the Fall“
86 Algiers „But she was not flying“
87 Best Coast „California Nights“
88 Death Cab for Cutie „Black Sun“
89 My Morning Jacket „Big Decisions“
90 Decemberists „Make it better“
91 Justin Bieber feat. Diplo & Skrillex „Where are ü now“
92 Beach House „All your Yeahs“
93 The Dodos „Precipitation“
94 HEALTH „Drugs exist“
95 Neon Indian „Annie“
96 Young Fathers „Shame“
97 Foals „London Thunder“
98 Dan Deacon „Feel the Lightning“
99 José Gonzalez „Leaf off – The Cave“
100 Battles „The Yabba“