Pfeif drauf! 16 essenzielle Whistle-Songs

Ich steh aufs Pfeifen. Wahrscheinlich, weil es das einzige Instrument ist, dass ich beherrsche, zumindest in Grundzügen. Und ich möchte jetzt nicht hören: Pfeifen kann doch jeder. Denn das ist definitiv nicht der Fall. Meine liebe Mama ist beispielsweise trotz größter Anstrengungen und vorbildlich gespitzter Lippen nicht dazu in der Lage, ihrem Mund mehr als ein kaum hörbares „Rüüür-rüüür-rüüür“ zu entlocken, das man auch in der gnädigsten Definition nicht als Pfeifen durchgehen lassen kann.

Nein, Pfeifen ist, wie schon Loriot wusste, eine hohe Kunst. Und auch aus der Populärkultur ist es einfach nicht wegzudenken! Wer das nicht glaubt, der höre sich die folgende Liste mit 16 Kapazundern des gepfiffenen Liedes an.

Kleine Anmerkung: Weil es im Internet natürlich alles schon gibt (natürlich auch Charts mit den besten „Whistling Songs“, die ich klarerweise auch geplündert habe), habe ich für die folgende Liste strenge Kriterien angelegt: Das Pfeifen muss ein integraler Bestandteil des Songs sein. Lieder wie „Tighten Up“ von den Black Keys oder Becks genialer Hip-Hop-meets-Country-Schunkler „Sissyneck“, die jeweils nur von einem kurzen (zugegeben höchst beeindruckenden) Pfeifen eingeleitet werden, bieten hier fast zu wenig.

Doch nun, without further ado (wie der Engländer sagt), meine 16 essenziellen Pfeiflieder:

16. Alexander feat. RZA – Truth:

Dieser kleine, hierzulande vor allem von FM4 bekannt gemachte Hit von Alex Ebert aus L.A. lebt in erster Linie von der gepfiffenen Hookline. Dass Wu-Tang-Mann RZA eine Rapstrophe beisteuert, schadet auch nicht. Aber das Pfeifen macht’s! (Übrigens: Herrn Ebert könnte man auch als Frontmann von Edward Sharpe and the Magnetic Zeros kennen – die in dieser Liste auch noch auftauchen.)

15. Allo Darlin‘ – I wanna be sedated

Diese karge, entschleunigte Folkversion des Ramones-Klassikers klingt, vor allem anfangs, wirklich nach einer Überdosis Beruhigungsmittel. Das lange Pfeifsolo (ab 1:50) ist aber exquisit. Und es zeigt, dass wir dringend mehr Frauen in der Männerdomäne Pfeifen brauchen.

 

14. Otis Redding – Sittin‘ On The Dock Of The Bay

Bei diesem großen Blues-/Soul-Klassiker aus dem Jahre 1967 muss man sich bis zum Pfeifen etwas gedulden, Redding hat es sich fürs Finale aufgespart. Woran man beim leise verklingenden Pfeifen auch denken muss: Wenige Tage nach der Aufnahme starb Redding bei einem Flugzeugabsturz.

 

13. Paul Simon – Me and Julio Down By The Schoolyard

Diese Nummer stammt von Paul Simons zweitem Soloalbum aus dem Jahr 1972. Das Pfeifsolo trägt – zusammen mit dem seltsamen brasilianischen Quietschinstrument Cuíca – entscheidend zum schwungvoll-fröhlichen Gesamtsound bei. Generell scheinen gepfiffene Songs mehrheitlich auf der sonnigen Seite angesiedelt zu sein.

 

12. Edward Sharpe & The Magnetic Zeros – Home

Wie gesagt: Hinter dem Namen Edward Sharpe verbirgt sich – verwirrenderweise – wiederum der Sänger und Songschreiber Alex(ander) Ebert. In dieser beschwingten (für meinen Geschmack mitunter fast ZU beschwingten) Indie-Folk-Gospel-Bläser-Hymne spielt das Pfeifen – mit viel Hall versehen – eine tragende, wiederkehrende Rolle, mal im Vordergrund, mal parallel zur Gesangsmelodie.

 

11. Loose Fur – The Ruling Class

Das Projekt „Loose Fur“ besteht aus den Wilco-Mitgliedern Jeff Tweedy und Glenn Kotche und dem Experimentalmusiker Jim O’Rourke. Bei diesem countryesken Midtempo-Song kann von Experiment allerdings keine Rede sein. Dafür gibt es ein umso heimeligeres Pfeifmotiv.

 

10. Air – Alpha Beta Gaga

„Alpha Beta Gaga“, die zweite Single vom vierten Air-Album „Talkie Walkie“, hat ein Westernvideo. Sicher nicht ohne Grund: Pfeifen scheint etwas zu sein, das man im Kopf gerne mit Cowboys verbindet, die in der Mittagshitze lässig vor dem Saloon herumlungern, den Hut überm Gesicht, einen Grashalm im Mundwinkel. Schuld an dieser akustisch-visuellen Assoziationskette ist der große Filmkomponist Ennio Morricone, der in dieser Liste natürlich einen Spitzenplatz einnimmt. Gut möglich, dass sich Air hier vor ihm verneigen.

 

9. EAV – Morgen

Das einzige mir bekannte Lied, in dem sogar gezeigt wird, wie es klingt, wenn man sich verpfeift. Das passt perfekt zur Aussage des Songs, der ja mit dem qualvollen Erwachen am Tag danach beginnt. Hier hat das Pfeifen vor allem die Funktion, den Humor- bzw. Kabarettfaktor zu steigern. Dass in vielen österreichischen Liedern gepfiffen wird, ist angesichts der zentralen Rolle des Kabaretts hierzulande sicher kein Zufall. Siehe dazu z. B. auch Christoph & Lollo oder die Nummer sechs dieser Charts.

 

8. Peter, Bjorn & John – Young Folks

Ein moderner Pfeifklassiker. Ist es übertrieben, zu behaupten, dass die Pfeiferei das Rückgrat, ja das Herz dieses Hits bildet? Ich glaube nicht. Dass „Young Folks“ spätestens nach dem zehnten Hördurchgang nervt, ist eine andere Geschichte.

 

7. Monty Python – Always Look On The Bright Side of Life

Gehört bestimmt zu den fünf bekanntesten Pfeifmelodien der Welt. Das Bild des pfeifenden Brian am Kreuz ist ins kollektive Gedächtnis eingegangen, der Song sowieso. „Just push your lips and whistle, that’s the thing!“

 

6. Andre Heller & Helmut Qualtinger – Bei mir sads olle im Oasch daham

Noch immer viel zu unbekannt. Dabei gibt es keine bessere Charakterstudie des engstirnigen, raunzenden, grantelnden Österreichers als dieses Wiener Lied. „Zeachscht kumm i, dann kumm i / und wos dann kummt, kummt nie. / Wehleidiger Bsuff / so haaßt mei Beruf. / Mir passt nix, wos passt / i setz auf Ruin / gegen mei Ignoranz / gibt’s kaa Medizin.“ Sogar das Pfeifen klingt hier erstaunlich österreichisch, fast operettenhaft. Die inoffizielle Nationalhymne!

 

5. Bobby McFerrin – Don’t Worry, Be Happy

Vielleicht der bekannteste Pfeifsong der Welt? Bitte diskutieren!

 

4. Roger Whittaker – Mexican Whistle [und viele mehr]

Der berühmt-berüchtigte Schlagerstar ist ein wahrer Virtuose der spitzen Lippe. Er pfeift australisch, russisch, finnisch, afrikanisch (mit leicht rassistischen Grimassen, wie ich finde) oder, wie hier, mexikanisch. Das Pfeifen tritt dabei an die Stelle des Gesangs – äh, ist das dann eigentlich Instrumentalmusik?!

 

3. Scorpions – Wind of Change

Da musste die Mauer – und mit ihr der gesamte Ostblock – ja fast zusammenbröseln. „Wind of Change“ ist so schmalzig und over the top, dass es eigentlich gar nicht mal so übel ist. Außerdem verfügt Sänger und Pfeifer Klaus Meine, wie das Video beweist (0:55), über eine geradezu vorbildliche Pfeifhaltung. Wetten, das wäre ohne das wehmütige Gepfeife kein ganz so großer Hit geworden?

 

2. Ennio Morricone – A Fistfull of Dollars

Wer das hier mitpfeift, schmeckt den Staub und spürt die flimmernde Hitze. Kaum ein Filmgenre lebt so sehr von seiner Musik (generell: von der Geräuschkulisse) wie der klassische Spaghettiwestern. Sergio Leones Meisterwerke wären ohne die geniale Kopfkino-Musik von Ennio Morricone schwer vorstellbar. Pfeifen scheint bei Morricone generell ein beliebtes Stilmittel zu sein. Das beweist zum Beispiel auch der Soundtrack zur Westernkomödie „Mein Name ist Nobody“ (“Il mio nome è Nessuno“) mit Terrence Hill, bei dem sich der Meister fast schon selbst parodiert.

 

1. Malcolm Arnold – March from the River Kwai

DER ultimative Pfeif-Klassiker! Zumindest für mich persönlich. Obwohl ich den dazugehörigen Filmklassiker gar nicht kannte, habe ich (gefühlt) meine halbe Kindheit damit verbracht, den River Kwai-Marsch (alternativ auch den Radetzkymarsch) lautstark zu pfeifen und meine Eltern damit in den Wahnsinn zu treiben. Aber wenn DAS kein Ohrwurm ist, dann gibt es keinen …

Habt ihr noch weitere gute Pfeifsongs in petto? Bitte in den Kommentaren posten!

11 Gedanken zu „Pfeif drauf! 16 essenzielle Whistle-Songs

    1. Michael Domanig Beitragsautor

      Eine Spitzennummer! Die kannte ich gar nicht, aber schon nach dem ersten Hören hat sie sich im Ohr festgesetzt. Keep on whistling!

      Antworten
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