You know, the Germans have a word for that

Letztens spielte ich also dieses Sporcle-Quiz „Thanks for the Words, Germany!“. Mal abgesehen davon, dass ich es ein wenig diskriminierend finde, dass hier nur Deutschland gedankt wird, da doch sicher auch einmal ein Österreicher, Schweizer, Luxemburger oder Namibier ein nettes Wort über die Sprachbarriere gewuchtet hat, unterlief mir der Fauxpas, bei einem Deutsche-Wörter-Quiz nur 19 von 20 richtige Antworten gegeben zu haben. Weltanschauung und Zeitgeist verwechselt, hoppla. Witzig übrigens, dass das englische loanword auch vom deutschen Lehnwort stammt. Wie auch immer.

Wenn es ein nettes deutsches Wort gibt, das ich der englischsprachigen Welt für die Erweiterung ihres Wortschatz empfehlen würde, dann ist das Torschlusspanik. Das amerikanische Time Magazine widmete diesem Wort in einem Artikel aus dem Jahr 1961 über den deutschen Mauerbau einen netten Absatz.

“Last week a curious and serious malady was affecting Communist East Germany and reaching almost epidemic proportions. The name of the disease was Torschlusspanik, which literally means ‚fear of gate closing‘. Everything East German leaders did to shut off the flow of refugees to the West seemed, instead, to spur it on. The day that Deputy Premier Willi Stoph announced new secret measures to halt the refugees—ostensibly at the urging of „delegations of workers“—1.532 East Germans beat it over the border and checked into the big Marienfelde refugee center in West Berlin.”

Und während landläufig der Begriff eher für Frauen verwendet wird, die tickende Uhren hören – für mich im Schlafzimmer übrigens eine veritable Foltermethode -, so empfand ich das Gefühl gestern bei der wunderschönen Doku „Shut up and play the Hits“, einem Konzertfilm über den allerletzten Gig der besten Band der 2000er-Jahre mit dem besten Song der 2000er-Jahre, LCD Soundsystem.

James Murphy war 30 oder 31, als er die Band ins Leben rief. Zehn Jahre und drei Alben später verkaufte er den Madison Square Garden aus. Und erklärte die Band für Geschichte. Am Höhepunkt. Weil er, wie er in der Doku verriet, zu viele graue Barthaare bemerkte, wenn er von Tourneen zurückgekehrt war.

Alles begann aber eigentlich mit Torschlusspanik. Denn in der Debüt-Single „Losing my Edge“ ging es um Murphys Angst, sein tolles Leben als DJ zu verlieren, weil von hinten die jungen coolen Hüpfer nachrücken und dieselben Lieder spielen. Also vielleicht nicht präzise Torschlusspanik, sondern Vorsprungsverlustangst, aber sicher dachte Murphy mit 30 auch: „Wenn ich nochmal eine Spur als Musiker hinterlassen möchte in diesem Leben, dann muss ich jetzt endlich was Gutes schaffen.“ Und im selben Maße, in dem ich Murphy für das beneide, was er im folgenden Jahrzehnt alles erreichte, ist er natürlich auch ein Vorbild. Vor meinem anstehenden 31. Geburtstag bin ich als 13 Jahre nach Murphy Geborener nach Verlustpunkten wenigstens noch nicht hinter ihn zurückgefallen. Aber bald!

Ein Gedanke zu „You know, the Germans have a word for that

  1. Michael Domanig

    Feiner Artikel zu einem echt feinen Song. James Murphy hat da sicher seine eigene Angst vor dem Alter und dem Versagen verarbeitet (wobei er, Dr. W. Pedia nach, bei Erscheinen des Liedes im Jahr 2002 als DJ durchaus schon erfolgreich war).

    Wie viel von ihm wirklich im Song (und dem Ich-Erzähler) steckt, würd ich aber mit Fragezeichen versehen: Schließlich handelt es sich offenbar um einen fiktionalen Charakter. Denn bei der ersten Show von Can („I was there in 1968 … in Cologne“) oder den ersten Gehversuchen von Suicide 1974 wird der Murphy (*1970) noch nicht dabei gewesen sein 😉

    Die beste Songzeile für mich: „I’m losing my edge to the art-school Brooklynites in little jackets and borrowed nostalgia for the unremembered eighties“. Besser kann man das Retromania-Phänomen nicht auf den Punkt bringen. Oder doch: So wie die Buzzcocks: „Nostalgia for an age yet to come“.

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